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       Aufklärung und Kritik ist eine Veröffentlichung der Gesellschaft für kritische Philosophie (GKP) Nürnberg. Die Webseite der GKP lautet: www.gkpn.de 
      
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          | 5. 
            Die Unterdrückung der historischen Wahrheit hinsichtlich der Trinitätslehre  | 
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        Die christliche  Trinitätslehre, – Gott Vater, Gott Sohn und der Heilige Geist bilden den einen  monotheistischen Gott: „tres personae, una substantia” („drei Personen, eine  Substanz”), wie der älteste Kirchentheologe Tertullian (ca. 160-225) es  formulierte –, ist der große Streitpunkt, wegen dessen der Islam in heftigster  Bestreitung dieser christlichen Lehre ganz eigentlich nur entstanden ist (um  600 n.Chr.). Die liberale protestantische Theologie hat in der ersten Hälfte  des 20. Jahrhunderts text- und historisch-kritisch den Beweis geführt, daß die  christliche Trinitätslehre eine (erstaunlich frühe) Erfindung früher  hellenistischer Theologen ist, die nichts mit dem Christus-Verständnis der  semitisch-christlichen Urgemeinde und dem Selbstverständnis Jesu zu tun hat. 
         
        Es ist insbesondere  das zuletzt entstandene Evangelium, das Johannesevangelium (um 120 n.Chr.), das  diese neue und in scharfem Gegensatz zum ursprünglichen Verständnis der Person  Jesu stehende Lehre einführt. Es waren insbesondere die Schweizer  liberal-protestantischen Theologen Albert Schweitzer (1875-1965) und Martin  Werner (1887-1964), die aus den biblischen und frühen theologischen Texten der  Kirche dokumentiert haben, daß Jesus und die Urgemeinde den Messias gemäß der  in spätjüdischer Zeit herrschenden Kosmologie als prä- und postexistenten „Herrschaftsengel”  verstanden haben. Auch die griechische Anrede Jesu „Kyrios”, „Herr”, weist ihn  den im NT „kyriotäs” genannten „Herrschaftsengeln” zu. Auch im Koran herrscht  noch das alte Verständnis der verschiedenen Engelklassen, und im Koran heißen  die Herrschaftsengel „rabbânîyûn”, was der Anrede Jesu als rabbûnî „mein Herr”  entspricht, wenn er im NT in aramäischsemitischer Sprache angeredet wird (z.B.  Mark. 10,51; Joh. 20,16). Engel aber gelten damals als Geschöpfe Gottes. 
         
        Ohne hier auf die  eigentlichen Hintergründe für die Abschaffung der urchristlichen Engel- und  Christus-Lehre im römischgriechischen Christentum eingehen zu können, – diese  hintergründigen Motive sind für dieses trinitarische Christentum ein sehr  negatives, ein entlarvendes Kapitel –, müssen wir hier wenigstens das unschwer  erkennbare Faktum hervorheben, daß in diesem zentralen Streitpunkt der  christlichen Lehre von der Trinität nur der Islam im Prinzip bei der Wahrheit  stehen geblieben ist, während das trinitarische Christentum die urchristliche  Wahrheit (bald nach 100 n.Chr.) mutwillig fälschend verlassen hat. Dieser heute  klar erkennbare Umstand wäre nun eigentlich ein ebenso triftiger wie  erfreulicher Anlaß dafür, daß beide, Christentum und Islam, sich in der Weise  einigen oder gar vereinigen, daß das Christentum zur urchristlichen Wahrheit  zurückkehrt und auf diese Weise dem Islam Recht gäbe. (Es gibt genug andere  Punkte der Dogmatik, wo im Gegenzug der Islam aufgrund moderner Erkenntnisse  abendländische historische Wahrheit anzuerkennen hätte!) Aber die erfundene  Trinitätslehre hatte die Christenheit so früh und so umfassend erobert, daß  ihre Abschaffung heute die Abschaffung von rund 19 Jahrhunderten verfälschten  Christentums bedeutet. 
              Warum eigentlich nicht, wenn man die betrügerische und  blutige Geschichte dieser 19 Jahrhunderte bedenkt, und daß somit ein Neuanfang  des weltbürgerlichen Denkens möglich würde? Aber das will die heutige, real  existierende christliche Kirche nicht. Sie möchte bei ihrer Unwahrheit bleiben,  selbst unter dem Aspekt, daß sie so die 1400 Jahre der Feindschaft zum Islam  für alle Zukunft aufrecht erhält – zum Leidwesen der ganzen Welt! Und so sind  die eindeutigen Arbeiten Albert Schweitzers und Martin Werners von der  palaver-pluralistischfundamentalistischen Theologie des 20. Jahrhundert mit  größtem Fleiß und noch größerer Unauffälligkeit totgeschwiegen worden. Jedem  angehenden Theologen, der sich als Parteigänger dieser liberalen Theologen  Schweitzer und Werner zu erkennen gab, wurde der Weg in eine akademische  Laufbahn versperrt – natürlich mit anderslautender, nichtssagender Begründung.  Und so kennt man heute Martin Werner und seine Argumente gar nicht mehr –  obwohl in Büchern (noch) griffbereit vorhanden. Von Albert Schweitzer weiß man  noch, daß er ein berühmter Urwalddoktor war und ein hervorragender  Orgelspieler, womit er sich Spenden für sein Urwaldhospital erspielte. Daß er  ein großer liberaler Theologe war und aus tiefster Resignation über die  Reformunwilligeit der Kirchen in den Urwald zu tätiger Nächstenliebe  abwanderte, ist aus dem Gesichtskreis verdrängt. Jedenfalls hat er die  Reformunwilligkeit und die unbeirrte fundamentalistische Verdrängungstheologie  der christlichen Kirche im 20. Jh. richtig vorausgesehen. 
      
         
          | 6. 
            Die liberal-protestantische Theologie und die liberale Islamwissenschaft  | 
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      Im 19. Jahrhundert,  als die europäische Islamwissenschaft noch im Entstehen begriffen war, war es  üblich gewesen, daß liberale protestantische Theologen, die wegen ihrer  Dogmenkritik Probleme mit der herrschenden restaurativ-kirchlich orientierten  Theologie bekamen, in das Fach Islamwissenschaft überwechselten. Das war ein  horizonterweiternder Gewinn für die Islamwissenschaft. Nach 1918 wird die palaver-pluralistische  Islamwissenschaft keine liberalen dogmenkritischen Theologen mehr in ihren  Reihen dulden. Man ist nun stolz, daß man nur noch „reine Philologie” betreibt  und niemanden ernsthaft kritisiert. Diese vielen liberalen Theologen in der  Islamwissenschaft des 19. Jahrhunderts haben ihre am Alten und Neuen Testament  erarbeiteten und bewährten Techniken der Textkritik nun auch intensiv auf den  Korantext angewandt.  
         
  So kam es, daß in  den letzten Jahrzehnten vor der Verdrängung der liberalen Theologie durch den  pluralistischen Fundamentalismus (also ca. 1885-1915) zwei Thesen intensiv  diskutiert wurden, die den traditionellen islamischen Korantext in bisher nie  dagewesener Weise in Frage stellten: Zuerst vertrat der Wiener Professor für Islamwissenschaft  David Heinrich Müller (1846-1912), – in seiner wissenschaftlichen Karriere  zuvor Rabbiner an einem jüdisch-theologischen Seminar in Breslau –, die These,  daß der Koran in umfangreichen wesentlichen Teilen ursprünglich aus  Strophenliedern bestand, deren klare strophische Gliederung durch spätere  Eingriffe in den Text mutwillig zerstört worden ist, so daß der schließlich  sanktionierte islamische Korantext nur noch eine monotone Prosa bot. Sein  Schüler und Nachfolger auf seinem Wiener Lehrstuhl Rudolf Geyer (1861-1929) hat  dann in einer späteren Abhandlung (1908) in einer großen Zahl von koranischen  Suren diesen ursprünglichen Strophenbau des   Koran überzeugend nachgewiesen. Eine Reihe weiterer hervorragender  Professoren nahm an dieser Diskussion teil und befürwortete einhellig die  Fortführung dieser Erfolg versprechenden Forschungen zum ursprünglichen  Strophenbau im Koran.  
   
  Auf dem  Internationalen Orientalistenkongress in Algier 1905 trat dann der liberale  protestantische Theologe und Islamwissenschaftler Karl Vollers (1857-1909;  1886-1896 leitender Bibliothekar an der Khedivialbibliothek in Kairo) mit der  These hervor (sein Buch erschien 1906), daß der gesamte Koran ursprünglich nicht  in klassischem Hocharabisch (der Sprache der heidnischen Heldendichtung der  Araber) sondern in dem altarabischen Dialekt (Umgangssprache) Zentralarabiens  geschrieben gewesen war. Dieser Dialekt besaß wie alle arabischen Dialekte  keine Kasusendungen. Dieser ursprüngliche umgangssprachliche Korantext wurde  also insbesondere dadurch von den frühen Muslimen in die klassische Hochsprache  erhoben, daß allen Wörtern grammatische Kasus- und Modalendungen angehängt  wurden. 
   
  Interessanterweise  stützten sich beide Thesen (1. ursprüngliche Strophendichtung, 2. ursprüngliche  Umgangssprachlichkeit) gegenseitig, denn alle arabische Strophendichtung war  und ist im Prinzip immer umgangssprachliche Dichtung. Aus diesem Umstand ergibt  sich, daß, wenn der Koran ursprünglich Strophendichtung enthielt, er auch  ursprünglich umgangssprachlich geschrieben gewesen sein muß. Außerdem ergibt  sich aus diesem Umstand, daß die Verwandlung des Textes vom Umgangssprachlichen  zum Hochsprachlichen zugleich ein Mittel der Vernichtung der Endreime aller  Strophenzeilen darstellte: Da die Verwandlung ins Hocharabische  notwendigerweise in der Hinzufügung von Kasus- und Modalendungen an alle Wörter  bestand, ergibt sich, daß diese hinzugefügten grammatischen Endungen die  ursprünglich endreimenden Silben in die zweitletzte Position verdrängten und  somit den ursprünglichen Reim vernichteten, so daß die ursprünglich mit jeder  Zeile reimende Strophendichtung insgesamt im Prinzip schon beseitigt war.  Andererseits leuchtet ein, daß die Rückverwandlung des Textes in einen  umgangssprachlichen Text durch die Weglassung der grammatischen Kasusendungen  die ursprünglichen Reime der Strophenzeilen im Prinzip wiederherstellt. 
  Der zweifellos  berühmteste Gelehrte der islamischen Welt des 20. Jhdts, der (als Knabe  erblindete) Professor für arabische Literaturwissenschaft Taha Husain (1891-  1973; für einige Jahre auch Kultusminister Ägyptens) vertrat 1926 ebenfalls die  These, daß der Koran „vorislamische metrische Dichtung” enthalte. Er wurde aber  sofort gezwungen, diese Aussage zu widerrufen.  
   
  Sobald (1918) in  der deutschsprachigen Islamwissenschaft jene seit längerem aufkommende  pluralistisch und/oder faschistisch orientierte Richtung die letztlich  alleinige Führung des Faches übernommen hatte, führte deren geistiger Charakter  natürlich nicht zur Widerlegung dieser umwerfend wichtigen, liberal-theologisch  und philologisch bestens fundierten Erkenntnisse der Jahre 1885-1915 über eine  einstige Strophendichtung im Koran, sondern in völlig unwissenschaftlicher  Weise zu ihrer stillschweigend-taktischen Ausgrenzung aus dem Gesichtskreis der  nunmehr „rein philologischen” Islamwissenschaft.  
   
  Der letzte große  liberal-protestantische Theologe und Islamwissenschaftler Paul Kahle  (1875-1964) hat noch in verschiedenen Publikationen (zuletzt 1948 und 1949)  energisch für die ursprüngliche Umgangssprachlichkeit des Koran gestritten, und  es ist bezeichnend, daß seine Bemühungen dadurch behindert waren, daß er  aufgrund von antisemitischen Pressionen auf ihn 1939 zur Emigration (nach  England) gezwungen war. Heute noch vertritt die palaver-pluralistische deutsche  Islamwissenschaft die traditionell-islamische Auffassung, der Koran sei  hocharabisch geschrieben, und das schon immer, und enthalte auch keine  Strophenlieder. Damit war die grundlegende wissenschaftlich- dogmenkritische  Revolution aller Vorstellungen über den Koran sowie über die Entstehung des  Islam von dieser neudeutschen, im Geist des Palaver-Pluralismus wie des  Nationalsozialismus großgewordenen Arabistik und Islamwissenschaft für das  gesamte 20. Jahrhundert mittels westlicher „politischer Korrektheit” oder  besser „Inkorrektheit” verhindert. Denn diese nun etablierten neudeutschen,  „rein philologischen” Professoren der Islamwissenschaft seit 1933, die die  dogmenkritische Richtung der weltweit angesehenen liberal-protestantischen Theologie  und Islamwissenschaft des 19. Jahrhunderts aus dem Fach Islamwissenschaft  verdrängten, – sie verstanden nichts von Theologie und waren auch völlig  desinteressiert an ihr! –, sollten bis in die Mitte der 80er Jahre  absolutistisch regieren – und durch die von ihnen zu Professoren gemachten  Schüler bis ins 21. Jahrhundert hinein.        |